Invar Stahl 1.3912 BW formieren??

  • Mahlzeit zusammen,

    ich habe letzte Woche Verfahrensprüfungen für den o.g. Werkstoff schweißen lassen.
    Es handelt sich dabei um speziellen Werkstoff mit 36% Nickel anteil. Nach Rücksprache mit dem Erzeuger teilte mir dieser mit ich solle die Wurzelschweißung mittels Ar 4.6 schützen.
    Ich habe es in der Werkstatt während der VP mit einer t5mm Kupferplatte und einer, der Nahtform entsprechenden Nut, versehen und schweißen lassen. Soweit so gut.

    Leider haben wir nicht die Zeit bei der Baustellenschweißung wie in der Verfahrensprüfung.
    Nun möchte der Kunde eine X-Naht auf der Baustelle und keine V-Naht wie in der VP geschweißt. Qualifiziert ist die X-Naht durch die V-Naht, das ist mir klar.

    Ich würde gerne wissen wie ich eine x-naht an einem 60x18mm Flacheisen am besten schütze.
    Dabei geht es nicht nur um den Wurzelschutz an sich, sondern auch um die bestmögliche Wärmeabführung da der Werkstoff sehr sensibel ist und eine Zwischenlagentemperatur von max 130°C vorgibt.

    Sprich:
    Der Werkstoff darf nicht zu heiß werden ---> deswegen habe ich mit der Kupferplatte gearbeitet ---> Wurzel muss "formiert" werden ---> wie am besten vorgehen bei einer x-naht?

    Meine Überlegung war einen 50mm dicken Kupferklotz aus Vollmaterial zwischen die beiden x-Nähte zu befestigen. Damit hätte ich erstmal das Problem mit der Wärmeeinbringung gelöst.

    Nun würde ich gerne wissen ob es ausreichen würde für den Wurzelschutz eine Keramik zu benutzen. Hat diesbezüglich evtl jmd Erfahrungen? Wenn mit Keramik, welche Form der Keramik ist am besten geeignet? Schweißprozess ist natürlich 141/WIG

    Anbei hab ich eine Skizze schnell gemacht um die Problematik evtl. verständlicher zu machen.

    Bin über jeden konstruktiven Vorschlag dankebar.

  • @s3nad

    Einfach die Herstellerangaben befolgen. Dann bist Du auf der sicheren Seite.

    Freundliche Grüße aus Hessen.

    haewiejetzt.gif 

  • Hallo s3nad ,

    ich hatte schon mal eine ähnliche Situation .
    Die Idee mit dem Kupfer - Backing in bezug auf die Wärmeableitung ist schon mal gut .
    Ich bin damals mit dem Kunden so verblieben das der Schweißstoß so wie von dir beschrieben vorgerichtet wird und anschließend die am besten nicht ganz durchgeschweißte Wurzel ausgekerbt wird , quasi als wenn Du eine Kapplage schweißen willst .
    Also ausarbeiten bis Du im " Gesunden " Material bist und dann die Naht zumachen .

    Gruß ,

  • Danke erstmal für eure Tipps/Vorschläge!!
    In der Zwischenzeit habe ich Handfertigkeitsproben und VPs schweißen lassen.
    Das Gefüge der Schweißnaht war sehr grobkörnig, was aber laut SZW Hersteller und Grundwerkstoff Hersteller nicht anders machbar ist da der Nickel Anteil zu hoch ist.

    Der Versuch mit den Kupferblöcken zur Wärmeableitung steht noch für nächste Woche an. Bin schon mal mega erleichtert das ich es geschafft habe die Zugfestigkeit einzuhalten, trotz der Grobkornbildung.

    Die Wurzel habe ich, wie Weldingweb vorschlug, mittels Ø6,5mm Keramik abgeklebt und anschließend vor dem schweißen der Gegenlage tief ausgeschliffen.

    An die Vorgaben des Datenblattes kann ich mich leider nicht halten da ich für 5 Schweißungen, mit einrichten der Baustelle, insgesamt 5std. Zeit habe. Nach Rücksprache mit dem Kunden gestatte mir dieser die Zwischenlagentemp. von 130°C auf 200°C zu erhöhen, natürlich nur wenn die Handfertigkeitsprobe mit der Temp. beim TÜV bestanden hat. ( Hat sie bestanden )

    @Gernoth:
    Verstehe nicht so ganz deine Frage.

    Ich bin ehemaliger Schweißer mit Jahrelanger Erfahrung aus dem Kraftwerksbereich und der Lebensmittelindustrie.
    Inzwischen Schweißfachmann/Schweißinspektor und für QS Schweißtechnik in unserem Konzern zuständig. Hoffe das reicht als Info ;)

    • Offizieller Beitrag
    Zitat von s3nad

    Gernoth:
    Verstehe nicht so ganz deine Frage.


    Ganz einfach, auf Grund des Einführungsbeitrages ging ich davon aus das hier jemand Hilfe sucht, welcher mit der Materie nicht so vertraut ist.
    Diesbezüglich sollte natürlich eine etwaige Hilfestellung umfangreicher ausfallen. Der zweite Beitrag hat eigentlich meine Vermutung eher bestätigt.

  • So meine lieben Liebenden.

    Heute wurde der bzw. die Kupferklötze angeliefert und in unserer Schlosserei noch gebohrt. Die Klötze werden dann noch mittels Brauchwasser, wassergekühlt.

    Um evtl. dem einen oder anderen Interessierten auf dem Stand der Dinge zu halten hab ich mal paar Fotos gemacht. Naja nicht nur für euch, auch für mich als Erinnerung wenn mal wieder so ne spannende Schweißaufgabe kommt.

    IMG-20150311-WA0011.jpeg

  • Moin Moin zusammen,

    nun Hintergrund ist der, dass die gesamte Kokerei still steht solange die Schweißung nicht ausgeführt wurde.
    Sprich; Ein 120m langes Gestänge im Keller der Kokerei schaltet bzw öffnet/schließt "Ventile" gleichzeitig.
    Wie man weiß, dehnt sich Stahl bei Wärme aus. Wäre nun das Gestänge nicht aus diesem speziellen Werkstoff, würde das erste Ventil voll geöffnet sein während das letzte Ventil nach 120m noch nicht einmal 15% geöffnet ist.
    Da die Ventile/Schieber essenziell wichtig sind kann die Kokerei erst wieder betrieben werden wenn das Gestänge verschweißt ist. Wer sich in der Branche bewegt, kann sich in etwa ausrechnen was 1 Std. Stillstand bei Deutschlands größter Kokerei kostet und versteht warum die Schweißarbeiten an dem Werkstoff so wichtig sind.
    Denn reißt eine Schweißnaht und kann dadurch die Schieber/Ventile nicht betätigen, fällt der Ofenbetrieb aus und eine Reparatur muss umgehend durchgeführt werden.
    Da der Werkstoff so einen geringen Wärmeausdehnungskoeffizienten hat und so kaum hergestellt/verarbeitet wird, musste ich erstmal Jugend forscht spielen.

    Die Wärmeableitung mittels des Kupfers hat im übrigen vorzüglich funktioniert. Sogar ohne die zusätzlich geplante Wasserkühlung.
    Wir konnte die Schweißzeit von 8 auf 3,5std verringern, was unserem Kunden natürlich sehr entgegen kommt.

    Hoffe ich konnte ein wenig aufklären.
    Falls noch Fragen/Anregungen vorhanden sind, immer her damit.

    Ansonsten wünsche ich eine ruhige, erfolgreiche und lukrative Woche.

    s3nad

    • Offizieller Beitrag

    Ja natürlich muss ich da noch einmal nachhaken.

    Also wenn ich richtig "rechne" steht diese Kokerei seit dem 23.02.2015 still und wartet auf die Ausführung eurer Schweißarbeiten. Habt Ihr jetzt so lange gewartet bis ihr eine entsprechende "Wärmeableitung" gefunden habt, oder warum wurde nicht gleich geschweißt? Ein Verfahrensprüfung wurde ja von Euch schon damals durchgeführt und anerkannt.

    Ach ja, einige Fragen sind mir gerade noch eingefallen:

    Ihr habt ja eine Verfahrensprüfung diesbezüglich gemacht, wie hoch war die Wärmeeinbringung?
    Warum wollte der Kunde (plötzlich) eine X-Naht?
    Wurde dann so geschweißt wie auf dem 1.Bild (Montagenaht) zu sehen, sind ja nur 50mm Luft zwischen den zwei Flacheisen?
    Welche Schweißposition wurde geschweißt?
    Und warum wurde nicht MIG/MAG geschweißt?

  • Ja natürlich muss ich da noch einmal nachhaken.

    Also wenn ich richtig "rechne" steht diese Kokerei seit dem 23.02.2015 still und wartet auf die Ausführung eurer Schweißarbeiten. Habt Ihr jetzt so lange gewartet bis ihr eine entsprechende "Wärmeableitung" gefunden habt, oder warum wurde nicht gleich geschweißt? Ein Verfahrensprüfung wurde ja von Euch schon damals durchgeführt und anerkannt.

    Ach ja, einige Fragen sind mir gerade noch eingefallen:

    Ihr habt ja eine Verfahrensprüfung diesbezüglich gemacht, wie hoch war die Wärmeeinbringung?
    Warum wollte der Kunde (plötzlich) eine X-Naht?
    Wurde dann so geschweißt wie auf dem 1.Bild (Montagenaht) zu sehen, sind ja nur 50mm Luft zwischen den zwei Flacheisen?
    Welche Schweißposition wurde geschweißt?
    Und warum wurde nicht MIG/MAG geschweißt?


    Also zum ersten, die Kokerei steht schon einige Jahrzehnte,...die Verfahrensprüfung die wir für den Werkstoff vorher hatten bezog sich auf E-Hand mit NICRO82 als SZW. Dieser ARTÄHNLICHE SZW ist zwar, wie man im fachkreisen sagt, wie Kaugummi, wirkt sich aber auf den Längenausdehnungskoeffizienten negativ aus. Sodass nach wenigen Monaten Rissen an den Nahtstellen entstanden. Dadurch bedingt kam es immer wieder zu äußerst teuren Reparaturen.
    Da der Kunde nun ARTGLEICHEN SZW verlangte, dieser aber nur als Ø2mm WIG Schweißstab hergestellt wird, kamen wir nicht darum herum eine neue VP zu schweißen.

    Die Wärmeeinbringung bei der VP war zwischen 5-8 Kj/cm. Jeweils in PF geschweißt mit einer Zwischenlagentemp. von 130°C

    Die X-Naht wurde von mir gewählt da ich so den Verzug verhindern kann bei der Montagenaht,..durch hin und her tanzen zwischen den Lagen. Sprich; Um Spannungen im Material zu vermeiden/verringern/so gering wie möglich zu halten.

    Die Montageschweißung erfolgt erst am 24.3. und wird so wie auf dem Foto zu sehen ist erfolgen. Klaro sind die Flacheisen 50mm voneinander entfernt...habe die Handfertigkeitsprobe letzte Woche unter bestmöglichen Montagebedingungen schweißen lassen. Einfach auch um zu sehen in welcher Zeit es machbar ist, da ich max 5h Zeit habe für 3 Schweißungen inkl Einrichten der Baustelle.

    Die Baustellenschweißung wird dann in PF und PC ausgeführt werden.

    MIG/MAG haben wir nicht wählen können da, wie erwähnt, es keinen SZW Hersteller gibt der den SZW Artgleich anbietet. Selbst der SZW Vertreter von VoestAlpine sagte mir wörtlich: Ach du meine Güte. Ich bin jetzt 10 Jahre Vertreter für SZW und habe das erste mal damit zu tun. ;)
    Vielleicht hilft das um zu verstehen wie selten der Werkstoff verwendet wird, zumindest in der Schweißtechnik.

    Hoffe ich konnte kompetent genug deine Fragen beantworten ;)


    PS: Ich hab mich in meinem vorherigem Post unglücklich ausgedrückt. Die Kokerei ist natürlich ununterbrochen in Betrieb. Am Tag der Montagenaht steht sie nur still. Wie gesagt, für 5 Stunden.

    • Offizieller Beitrag

    Hoffe ich konnte kompetent genug deine Fragen beantworten


    Naja, gerade so :whistling: , bin noch nicht fertig mit bohren....


    Bei Thyssen-Grupp VDM soll es u.a. auch Drahtelektroden dafür geben (Pernifer S6436 = artgleich).

    Ich philosophiere jetzt mal über die Schweißnahtvorbereitung.

    Du hast eine X-Naht ausgewählt, wirst vermutlich auch zuerst die Wurzel von innen schweißen lassen usw. .

    Könnte man diesbezüglich durch 1/3 (innen) - 2/3 (außen) Fugenvorbereitung das Schweißen in der beengten Zone verringern. Würde eventuell funktionieren (innen komplett schweißen - außen ausfugen und Schweißen - Verzug minimal...schreibt man...), aber vermutlich wird sich insgesamt die Lagenanzahl erhöhen und damit auch die Schweißzeit + Abkühlzeit. a0150.gif

  • Bohren ist ja erlaubt, solange es nicht öffentlich in der Nase ist ;)

    Man könnte mit Sicherheit 1/3 ; 2/3 schweißen, jedoch ist der beengte Raum völlig egal da wir einen kleinen Brenner verwenden + einen 35 Jahre Erfahrenen Schweißer ;)
    Mit dem Gegenfugen könnte man ebenfalls machen, jedoch ist die Zeit das Problem,..so wird die Wurzel mittels Fräser aufgefräst und anschließend übergeschweißt anstatt zu Fugen/schleifen,...

    Bzgl. der Drahtelektrode kann ich dir sagen, ich habe mit Dr.Wolf von VDM telefoniert. Dieser teilte mir mit, es gibt diesen SZW, allerdings nichts auf Lager und nur ab einer bestimmten Mindestabnahmemenge würde dieser wieder hergestellt werden. So verhält es sich im Übrigen mit dem Werkstoff selber auch. Wir übrigens haben UTP A 8036 als artgleichen SZW verwendet und direkt den Restbestand an WIG Stäben von 25KG aufgekauft :)

    Kleiner Hinweis anbei, VDM wurde von TK abgestoßen und heißt wieder nur VDM ;)

    • Offizieller Beitrag

    Mit dem Gegenfugen könnte man ebenfalls machen, jedoch ist die Zeit das Problem,..so wird die Wurzel mittels Fräser aufgefräst und anschließend übergeschweißt anstatt zu Fugen/schleifen,...


    Es ist das selbe, welche Hilfsmittel/Werkzeuge dabei eingesetzt werden ist "ziehmlich relativ egal".

    jedoch ist der beengte Raum völlig egal da wir einen kleinen Brenner verwenden + einen 35 Jahre Erfahrenen Schweißer


    Unter Umständen könnte sich aber auch die Schweißfehlerquote erhöhen. Werden die Nähte eigentlich ZfP geprüft?

    Und, was ist nun eigentlich mit der Ausgangsfrage? "Invar Stahl 1.3912 BW formieren??"

  • Nun meine Ausgangsfrage war, ob man die Wurzel formieren muss oder nicht.
    Zu dem Zeitpunkt hatte ich mich noch nicht so sehr informiert und konnte mir nicht vorstellen das man die Wurzel wirklich formieren muss. Naja kommt Zeit, kommt Rat oder ans heutige Zeitalter angepasst: Google Hilft dir weiter ;)

    Da ich die Handfertigkeitsproben der Schweißer zum TÜV gebracht habe um diese sowohl RT prüfen zu lassen habe als auch Kerbschlag- und Zugversuch durchführen ließ, werde ich wohl die ausführende Schweißung ebenfalls NDT prüfen lassen ;) Muss mich ja auch irgendwie absichern.

    Fugen/schleifen gegenüber nur Fräsen ist bei weitem nicht das Gleiche, schon gar nicht bei so Anspruchsvollem Material und bei dem Zeitdruck. Fugemaschine/Sauerstoff/Wärmeeinbringung/Unzugägnlichkeit etc. pp.

    Mit der Fehlerquote ist schon richtig, jedoch habe ich ja die Hfp's unter Baustellenbedingungen schweißen lassen. Da die Proben beim erproben ohne Beanstandungen war, gehe ich davon aus das es auf der Baustelle nicht anders sein wird. Bleibt nur zu hoffen das die Schweißer nen guten Tag haben.

    LG
    s3nad

    • Offizieller Beitrag

    Fugen/schleifen gegenüber nur Fräsen ist bei weitem nicht das Gleiche, schon gar nicht bei so Anspruchsvollem Material und bei dem Zeitdruck. Fugemaschine/Sauerstoff/Wärmeeinbringung/Unzugägnlichkeit etc. pp.


    So habe ich das ja auch nicht geschrieben, wir reden ja hier über das ausfugen der Wurzel, mit welchen "Gerätschaften" man das macht ist eben von anderen Faktoren abhängig, prinzipiell also das Gleiche nur nicht dasselbe. :blink:

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!