• Grüßt euch meine Freunde,

    neulich wurde ich gefragt, warum die Drahtelektrode beim MAG am Pluspol und nicht wie beim Lichtbogehandschweißen (in der Regel) am Minus verschweißt wird?

    Hab dann mal so drüber nachgedacht, kam aber auf keine ordentliche Erklärung.

    Außerdem so stellte ich fest, war die Frage nicht mal so unberechtigt.

    Kann mir jemand, weil ich Elektrotechnisch eine absolute Flasche bin das mal erklären??

    MfG

    Johannes

  • Auch mir ist neulich die Frage aufgestoßen und habe mir hier eine Antwort erhofft.

    Leider bringt die von Andy C zitierte Quelle keine Antwort zur Fragestellung, weil es dort nur um Optimierung der Gasströmung geht.

    Im von kleinermuk geposteten Bild habe ich auch keine Erklärung finden können, warum MMA/Fülldraht und MIG/MAG mit unterschiedlichen Polaritäten verschweißt werden.

    Auch der Wikipedia-Artikel über Schweißlichtbogen bringt keine Erklärung.

    Bei allen Lichtbogen-Verfahren ist doch das Prinzip gleich: Der Lichtbogen setzt reichlich Wärmeenergie frei, die AFAIK primär das Werkstück lokal aufheizen soll, um dort ein Schmelzbad zu haben. Das Abschmelzen des Zusatzwerkstoffes geht doch wohl eher nebenbei. Vergleicht man die übliche Elektrodenstärke von MMA und MIG/MAG, erklärt sich mir nicht, wieso der relativ dünne MIG/MAG-Draht durch positive Polung extra stark erhitzt werden soll. Beim WIG-Schweißen verfeuert man damit die Wolfram-Elektrode.

    Daher etwas ratlos

    Hajo

  • Moin,

    es ist atsächlich etwas unintuitiv. Ich versuche es mal.

    Beim MSG-Schweißen kommen verschiedene Faktoren zusammen:

    Zum einen wollen wir die Elektrode aufschmelzen. Deshalb ist die Pluspolung der Elektrode sinnvoll, weil das Aufschmelzen recht viel Energie braucht. Das geschmolzene Material bringt dann die Energie ins Schmelzbad. Der Strom der positiven Gas- und Metallionen von der Elektrode zum Werkstück sorgt ausserdem für eine Gasströmung hin zum Werkstück, die die Richtung der Schmelzetropfen vom Draht vorgibt. Das ist vor allem im Sprühlichtbogen hilfreich.

    Bei der Minuspolung würde die Elektrode regelrecht "gekühlt", weil das Austreten der Elektronen aus der Elektrodenoberfläche Energie braucht (die sog. Austrittsenergie).

    Zum anderen ist es eine Frage der Energiekonzentration. Bei der Minuspolung geht der Elektronenstrom von der Elektrode zum Werkstück, die Energie der auftreffenden Elektronen wird aber auf eine große Fläche verteilt, weil die Elektronen nicht nur aus der Elektrodenspitze austreten, sondern auch aus dem Draht darüber und dadurch eben nicht immer die kürzeste Strecke fliegen. Die Schmelze wird breit und nicht tief. Der Lichtbogen ist mehr ein "Besen" als konzentriert.

    Die Minuspolung wird z.B. manchmal beim Plattieren eingesetzt, weil ein tiefer und konzentrierter Einbrand bei dieser Anwendung nicht erwünscht ist. Allerdings brennt der Lichtbogen recht instabil.

  • Im von kleinermuk geposteten Bild habe ich auch keine Erklärung finden können, warum MMA/Fülldraht und MIG/MAG mit unterschiedlichen Polaritäten verschweißt werden.

    Hallo,

    Mein Bild ist die Erklärung warum bei einem Lichtbogen unterschiedliche

    Temperaturen an der Anode (PLuspol, heißer) und der Kathode (Minuspol) herrschen.

    1)Damit beim WIG-Schweißen die Wolframelektrode nicht abschmilzt, wird diese an den Minuspol angeschlossen.

    2) Beim Mig-Mag Schweißen mit Zuführung von Schutzgas über dem Brenner

    wird die zu abschmelzende Elektrode an den Puls gelegt, um eine höchstmögliche Abschmelzleistung zu bekommen.

    3) Beim Fülldrahtschweißen muss man zwischen dem Verfahren Fülldrahtschweißen mit Schutzgas und Fülldrahtschweißen ohne Schutzgas unterscheiden. Beim ersteren wird die Elektrode am Pluspol verschweißt.

    Bei den sogenannten FLUX-Drähten bildet sich das Schutzgas durch das "Füllpulver" von Innen heraus. Darum ist es wichtig, dass sich der Schweißdraht von Innen heraus erwärmt, damit sich das Schutzgas zuerst bildet und dann der Schweißdraht schmilzt. Und das geht nur, wenn sich der Schweißdraht der heißen Stelle (Anode) annähert.

    Wenn der Schweißdraht am Pulspol anliegt, dann schmilzt zuerst der Schweißdraht und danach bildet das Füllpulver das Schutzgas.

    Der Effekt ist derselbe, als wenn man beim MIG/MAG Schweißen mit zu wenig Gas schweißt. Viele Spritzer und poröse Naht.

    4)

    Beim WIG-Schweißen verfeuert man damit die Wolfram-Elektrode.

    Was du damit meinst, weiß ich nicht.

    Zusammenfassung:

    MIG/MAG: Elektrode am Pulspol und Schutzgas wird von Aussen zugeführt.

    WIG-DC: Elektrode am Minuspol, da diese nicht abschmelzen darf. Schutzgas wird auch von Außen zugeführt.

    WIG-AC: Elektrode alternierend am Puls- und Minuspol, wobei der Pulsanteil nicht zu hoch werden darf. Kompromiss wegen der Oxidschicht bei Alu schweißen.
    Flux-Draht: Elektrode am Minuspol, da die Erwärmung des Schweißdrahtes von Innen nach Außen erfolgen muss, um sicherzustellen, dass sich das Schutzgas vor dem Schmelzen des Schweißdrahtes bildet.

    MMA-Elektrode: Kann +- sein je nach chemischer Zusammensetzung der Umhüllung.

    Gruß

  • Wow - superkurze Reaktionszeiten - tolle Sache - Dank!

    Aber irgendwie stehe ich immer noch auf der Leitung ...

    @BluesMan

    Bei MMA ist aber die (dickere) Elektrode üblicherweise als minus geschaltet ... und gerade die braucht zum Schmelzen eine größere Wärmemenge als der relativ dünne Draht beim Schutzgasschweißen.

    kleinermuk

    1/4 Deine erste Satzhälfte ist genau meine (vielleicht komisch formulierte) Aussage zu 4

    2 und noch mal die Frage nach dem größeren Wärmebedarf bei MMA wegen dickerem Zusatzwerkstoff,

    gerade dann müsste doch die Elektrode immer minus sein - was ja üblicherweise nicht so ist.

    3 Das verstehe ich so, dass das Fluxmaterial nach vorne ausgast, während das "Rohr" aus

    Zusatzwerkstoff noch fest ist. Richtig? Dann müsste die Wärmestrahlung des Schmelzbades

    und/oder die Wärmeleitung des "Rohres" ein wichtiger Aspekt sein.

  • Bei E-hand , kann man sehr viele Elektroden sowohl als auch schweißen z.b E42 0 RB12

    Die werden bei Wurzel am -pol bei Decklage am +pol verschweißt

    Und je Umhüllung erst an der richtigen Polung Schweißbar ( siehe Reinbasische Elektrode sind nur am +pol schweißbar )

    AUFGABEN DER ELEKTRODENUMHÜLLUNG

    • Ionisierung der Luftstrecke
    • Bildung einer Schutzgasglocke
    • Bildung der Schlacke
    • Stabilisierung des Lichtbogens
    • Steuerung der Desoxidation
    • Steuerung der Auf- und Ablegierungsvorgänge im Schweißbad
    • Beeinflussung der Abkühlgeschwindigkeit der Schweißnaht
    • Erhöhen der Abschmelzleistung (Ausbringung)

    Gilt zum Teil auch bei fülldrähte ,und ist je nach Draht Typ optimiert

    Tipischer UR-BAYER seit 1974

  • @BluesMan

    Bei MMA ist aber die (dickere) Elektrode üblicherweise als minus geschaltet ... und gerade die braucht zum Schmelzen eine größere Wärmemenge als der relativ dünne Draht beim Schutzgasschweißen.

    Dafür hast du aber beim MMA keine Kopplung zwischen Drahtvorschub und Abschmelzleistung, sondern kannst den "Drahtvorschub" frei wählen. Beim MSG-Schweißen ist man auf die höhere Abschmelzleistung durch die Pluspolung angewiesen, damit der stetig nachgeförderte Draht auch sicher abschmilzt.

    Bei der Stabelektrode besteht diese Kopplung nicht, deshalb kann man auch am Minuspol arbeiten. Hinzu kommt, dass der Elektronenstrom bei der Stabelektrode nicht wie beim MSG-Draht auch seitlich austreten kann, sondern durch die Umhüllung "nach unten" gezwungen wird. Es ergibt sich also eine höhere Stromdichte als beim nichtumhüllten Draht. Ausserdem, wenn's nicht reicht, dreht man einfach den Strom höher. Beim MSG geht das ja nicht, dann würde gleichzeitig wieder mehr Draht gefördert und der Effekt verpufft.

    Die meisten Elektrodentypen kann man an beiden Polen verschweißen, je nach gewünschtem Schweißverhalten und Einbrandprofil. Nur bei den basischen geht das nicht, weil die Umhüllung viele positive Fluoridionen bildet, die den Elektronenstrom bei Minuspolung gerne schon an der Elektrodenspitze "wegfängt", was den Stromfluss verschlechtert.

  • Das ist ein gutes slow motion Video von einer High-Speed-Camera vom Flux-Core-Schweißen.

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