Bau einer Statue aus einem Super Austenit

  • Hallo!

    Ein Freund von mir ist Künstler und ich Zeichner und wir wollen zusammen eine knapp 3 m große Statue eines Menschen aus dem Super Austenit 1.4539 herstellen.

    Nicht aus Vollmaterial!!!

    Das hätte nur immense Nachteile.

    Zum einen ein sehr hohes Gewicht.

    Der Brustkorb wäre dann auch nahezu aus 50 cm Vollmaterial und da man das ganze auch Lösungsglühen muß, währen bei dieser Dicke mit entsprechend langen Haltezeiten zu rechen. Dann hat man zum einen eine sehr, sehr starke Kornvergröberung und zum anderen, bilden sich im Inneren durch zu langsames abkühlen ( weil zu dickes Material, ein zu langes Temperatur halten im Bereich von 400 - 600 Grad) Ausscheidungen und Chromkarbide.

    Deswegen soll die Statue aus mehreren Teilen angefertigt werden per CNC Fräse aus Vollmaterial von der Freiformschmiede oder, bei entsprechend kleineren Teilen Gesenkschmiedeteile, die nur kurz abgefräst werden. Dann werden die Teile Lösungsgeglüht.

    Maximale Wandstärke sollen hier 5 - 7 cm sein.

    In diesem Bereich dürften sich noch keine Ausscheidungen und keine Chromkarbide bilden und Kornvergröberung sollte es auch nicht geben.

    Die Teile werden dann unter Inertgas zusammen geschweißt.

    Wir haben einen Lieferanten der uns sponsort, hier aber ausdrücklich nicht genannt werden möchte.

    Von ihm bekommen wir Argon reinst.

    Das hat 99,99997% Reinheit.

    Wenn die Teile zusammen geschweißt werden, dann werden im Inneren (gerade im Brustkorb, aber auch Hüfte und Oberschenkel), noch Querstreben verschweißt für zusätzliche Stabilität und Steifigkeit.

    Jetzt zu den Fragen:

    Mit welchem Schweißverfahren kann man das am besten schweißen?

    Ist es okay das unter Argon reinst zu schweißen?

    Wir haben halt einfach nichts anderes.

    Die Schweißnähte werden danach glatt geschliffen und die ganze Statue auf Hochglanz poliert.

    Man soll sie also nicht mehr sehen.

    Ein befreundeter Student meinte, man würde immer sehen wo die Statue mal geschweißt wurde.

    Wenn ich mir aber die Kunstwerke von z.b. Charles Ray ansehe, der Vollmaterial Teile verschweißt, dann sieht man da überhaupt nichts.

    Die Teile sollen natürlich so geschweißt sein, das sie so stabil wie möglich sind, aber auch so schonend, das es eben keine Heißrisse gibt.

    Eigentlich wollten wir U-Boot Stahl verwenden, aber dieser ist ja Voll Austenit.

    Hat also keinerlei Delta Ferrit und ich nehme an, das ma ihn deswegen nicht schweißen kann.

    Oder etwa doch?

  • 1.4539: Gute Schweißbarkeit mit allen gängigen Schweißverfahren, sehr gut für Laserstrahlschweißen geeignet

    1.4539 weist optimale Eigenschaften bezüglich Verarbeitung und Verwendung bei einem Halten der Temperatur zwischen 1.060 und 1.150 °C mit einer anschließenden raschen Abkühlung an Luft und Wasser auf. Zum Schweißen ist die Qualität 1.4539 gut geeignet, wobei sich eine Vorwärmung oder Nachbehandlung zumeist als überflüssig herausstellt, denn sogar dicke Bereiche sind aufgrund des niedrigen Kohlenstoffgehalts nach dem Schweißen gegen interkristalline Korrosion beständig. Grundsätzlich kann auf alle gängigen Schweißverfahren zurückgegriffen werden. Am weitesten verbreitet sind allerdings das WIG-Schweißen, MAG-Schweißen, Lichtbogenschweißen und allen voran Laserstrahlschweißen. Zu beachten ist, dass das Material zu Heißrissbildung neigt, weshalb ein Schweißen ohne Zusatzmetall nicht ratsam ist. Empfehlenswert ist hierbei die Verwendung eines Duplex-Werkstoffs als Schweißzusatz, wie zum Beispiel 1.4462, der sich durch erhöhte Dehnungseigenschaften bei erhöhten Temperaturen auszeichnet. Bei der Verwendung eines Duplex-Schweißzusatzes ist jedoch zu beachten, dass dies eine ferromagnetische Schweißnaht mit anderen Korrosionseigenschaften im Vergleich zum Grundwerkstoff zur Folge hat. Die Neigung zur Kaltverfestigung des Materials zwingt zu niedriger Schnittgeschwindigkeit.

    Schweisszusatzwerkstoffe

    1.4539, 1.4519,1.4462

    Tipischer UR-BAYER seit 1974

  • Vielen dank erstmal!

    Durch den Duplex Schweißzusatz werden also die korrosiven Schutzeigenschaften etwas schlechter.

    Ich kenne mich mit den Schweißverfahren jetzt gar nicht aus.

    Ist bei den oben genannten auch ein Schweißverfahren dabei, bei dem dieser Stahl ohen Zusatzwerkstoff geschweißt werden kann, ohne die Bildung von Heißrissen?

  • Moin,

    der Temperaturbereich, den du für die Wärmenachbehandlung beschreibst, ist kein Lösungsglühen. Lösungsglühen findet statt bei ca. 1050°C mit anschließendem Abschrecken. Das ist bei kleinen Teilen schon eine Herausforderung, bei größeren echt schwierig.

    Der Temperaturbereich zwischen 400°C und 600°C sollte für eine Wärmenachbehandlung unbedingt vermieden werden. In diesem Temperaturbereich bilden sich bei längerer Haltedauer unschöne Ausscheidungen und Entmischungen (Stichwort: 475°C-Versprödung). Wozu überhaupt eine Wärmenachbehandlung?

    "unter Inertgas zusammengeschweißt" bedeutet welcher Schweißprozess? WIG-Schweißen? Falls ja, ist die genannte Gasreinheit absoluter Overkill. Die von dir genannten 99,99997% (im Gasjargon 6.7) sind nicht gerechtfertigt und nicht notwendig. Normales Schweißargon (Reinheit 4.6 bis 4.8, also 99,996 bis 99,998) reicht völlig aus.

    Du kannst artgleich schweißen (mit 1.4519) oder überlegiert mit einem Nickelbasiswerkstoff. Ersteres halte ich für sinnvoller, weil diese Statue wohl nicht in heißem Meerwasser oder verdünnter Schwefelsäure stehen wird, oder? Warum überhaupt dieser Werkstoff?

    Besonders ist beim Schweißen darauf zu achten, dass sich keine Heißrisse bilden. Also mit geringem Wärmeeintrag schweißen, Strichraupen ziehen statt pendeln, lieber eine Lage mehr schweißen, dafür kälter, kleine Schmelzbäder. Da ist WIG leider nur zweite Wahl, MAG wäre vorzuziehen. Habt ihr halbwegs geübte Schweißer am Start?

    Literatur zur Verarbeitung von 1.4539/904L: https://ucpcdn.thyssenkrupp.com/_legacy/UCPthy…teel-1.4539.pdf

  • Uns wurde geraten, nachdem die ganzen Einzelteile gefräst sind, diese zum Lösungsglühen zu bringe, damit sich kaltverfestigungen und Spannungen lösen und sich beim Schweißen kein starker Verzug einstellt.

    Rein flächenmäßig sind die Teile teilweise schon recht groß.

    Aber, eben mit 5 - 7 cm maximaler Materialdicke, dürfte das kein Problem sein mit der Grobkornbildung und mit der Bildung von Ausscheidungen.

    Der 145.39 hat einen sehr geringe Kohlenstoffanteil und wenn die 5 - 7 cm dann schnell abgekühlt werden, sollte sich dieser nicht übermäßig lange in dem besagten Bereich von 400 - 600 Grad befinden.

    Das Argon ist also viel zu rein?

    Habe ich das richtig verstanden?

    Aber benutzen könnte man es ohne weiteres?

    Es ist halt nur Sinnfrei, weil zu gut für diese Schweißung.

    Wir werden dann nachfragen ob er noch anderes hat.

    DasMaterial hat kunst technische Hintergründe.

    Eigentlich wollten wir U-Boot Stahl nehmen, wegen der höheren Streckgrenze etc.

    Aber lässt sich das überhaupt irgendwie schweißen?

    Schweißer suchen wir gerade noch.

    Du hast geschrieben man kann auch überlegiert schweißen.

    Warum empfiehlst du das nicht?

    Der Schweißbereich und der Grundwerkstoff verändern sich also nicht, wenn man das 1.4519 als Zusatzwerkstoff nimmt nicht.

    Es bleibt also der gesamte Bereich ein Super Austenit?

  • Ich würde das lassen. Lösungsglühen sorgt erst recht dafür, dass sich die Teile verziehen, weil die ganzen Spannungen sich dann in Verformung umsetzen. Man kann nur eines haben: Maßhaltigkeit oder Spannungsfreiheit. Beides zusammen geht nicht.

    Ich finde es einfach widersprüchlich, einen hochkorrosionsbeständigen Superaustenit zu verwenden, um dann durch eine zweifelhafte Wärmebehandlung jede Menge Ausscheidungen zu erzeugen. Die 475°-Versprödung (sog. Chi-Phase) ist da nur eines, ekliger ist die sog. Sigma.-Phase (600°C bis 900°C Bildungstemperatur, je nach Legierungsgehalt schon nach einigen Minuten).

  • Ich dachte es ist gängige Praxis Edelstähle Lösungs zu glühen.

    Deswegen darf die Materialdicke ja nicht zu groß sein.

    Eben für kurze Haltezeiten und schnelles abkühlen.

    Du würdest also eher die Teile fräsen, vielleicht lediglich bei 300 Grad entspannen und dann schweißen?

    Wieso werden baer im Datenblatt die Temperaturen für das Lösungsglühen angegeben?

  • Nicht zwingend kommt immer darauf an für was und womit. Wie gesagt das Material lässt sich für einfache Schweißer nicht so einfach schweißen , da ist wirklich BluesMann der Mann dafür . Ich selber werkle meist mit Werkzeug Stählen.

    Aber warum dieser stahl . V4a ( Mundart ) wäre da praktischer zu handhaben

    Tipischer UR-BAYER seit 1974

  • Ich dachte es ist gängige Praxis Edelstähle Lösungs zu glühen.

    Deswegen darf die Materialdicke ja nicht zu groß sein.

    Eben für kurze Haltezeiten und schnelles abkühlen.

    Du würdest also eher die Teile fräsen, vielleicht lediglich bei 300 Grad entspannen und dann schweißen?

    "Gängige Praxis" würde ich das nicht nennen. Lösungsglühen macht man nur, wenn es nicht zu vermeiden ist, nicht "einfach mal so". Und wenn, dann sollte man ganze Konstruktionen glühen, damit die Ausscheidungen, die sich durch die Schweißwärme bilden, gleich mit erledigt werden. Und das ist bei großen Konstruktionen was für echte Spezialisten.

    Habt ihr einen Ofen dafür? Habt ihr euch überlegt, wie man die Teile aus dem Ofen bekommt und dann am Stück abschreckt? Lösungsglühen von großen Teilen ist echt nicht trivial.

    Ich würde auch nicht "entspannen". Faustregel ist, dass die einzige sinnvolle Wärmebehandlung bei nichtrostenden Stählen das Lösungsglühen ist. Mit den beschriebenen Schwierigkeiten.

    "Überlegiert schweißen" bedeutet, dass man einen Nickelbasiswerkstoff als Schweißzusatz verwendet. Das gleicht dann die Verluste an Korrosionsbeständigkeit aus, die das Schweißen an sich erzeugt (Gussgefüge im Schweißgut). Der Preis dafür ist, dass Ni-Basis-Werkstoffe noch schwieriger zu verarbeiten sind als Edelstähle (Heißrissempfindlichkeit). Ausserdem besteht das Risiko der Farbungleichheit, man würde die Schweißnähte also sehen, selbst wenn sie beschliffen sind.

    Wenn du das hochreine Gas umsonst kriegst, spricht nichts dagegen, es zum Schweißen zu verwenden. Es ist nur einfach unnötig...

  • Dem Künstler ist es wichtig, eine möglichst lange Haltbarkeit zu gewährleisten.

    Ohne Alterungserscheinungen durch Ausscheidungen.

    Deswegen der extrem niedrige Kohlenstoff Gehalt.

    Ein normaler V4A ist ein metastabiler Austenit, der mit den Jahrzehnten, auch wenn er nur im elastischen Bereich belastet wird, sich langsam in Martensit umwandelt.

    Ein Vollaustenit, oder Super Austenit tut das nicht.

    Außerdem was das rostfrei dann noch ein Bonus.

    Wäre diese Statue in einer Wolfram Legierung möglich, würde er auch dies umsetzen.

    Wobei er sich damit wohl nocht nicht beschäftigt hat?

  • Ein normaler V4A ist ein metastabiler Austenit, der mit den Jahrzehnten, auch wenn er nur im elastischen Bereich belastet wird, sich langsam in Martensit umwandelt.

    Das tut er nicht. Es gibt zwar unter bestimmten Umständen eine Umwandlung, aber nur bei starker Verformung ("Verformungsmartensit"). Es gibt da draußen haufenweise Konstruktionen aus 1.4404 (umganssprachlich V4A), da wandelt nichts um. Diese Werkstoffe sind sogar im Bauwesen zugelassen (https://www.edelstahl-rostfrei.de/publikationen/…tenden-staehlen).

    Wenn Langlebigkeit ein Thema ist, dann würde ich mir eher um den Standort und Flugrost Sorgen machen. Ferritische Partikel, z.B. Abrieb von Eisenbahngleisen, machen jeden Edelstahl fertig, Superaustenit oder nicht.

    Von Wolfram würde ich abraten, extrem schwierig zu verarbeiten, enorm teuer und als Konstruktionswerkstoff nicht zu gebrauchen.

  • Wieso sinkt den die Korrosionsbeständigkeit an der Schweißnaht überhaupt?

    Wenn ich artgleich schweiße, dann müßte es doch im ganzen Bereich weiter ein Super Austenit bleiben?

    Wenn ich mir anschaue wie manche Teile aus dem Vollen gefräst werden. Direkt aus den Blöcken aus der Freiformschmiede.

    Dann dachte ich, das man erst Lösungsglüht, wenn das Bauteil nahezu fertig gefräst ist.

    Eben weil bei Vollmaterial Teilen die Wandstärke viel zu hoch ist.

    Oder wäre es doch möglich, aus so einem Vollblock direkt die Statue zu fräsen???

    Ich habe schon mitbekommen das es wohl auch alterungsbeständige Stähle oder dergleichen gibt.

    So etwas wäre vielleicht auch eine alternative.

  • Wieso sinkt den die Korrosionsbeständigkeit an der Schweißnaht überhaupt?

    Wenn ich artgleich schweiße, dann müßte es doch im ganzen Bereich weiter ein Super Austenit bleiben?

    Schweißen ist eine echte Vergewaltigung des Werkstoffs. Das Grundmaterial, z.B. Blech, liegt in einem schön definierten Zustand vor, im Werk lösungsgeglüht, gleichmässig verteilte Legierungselemente, keine Ausscheidungen, feines Korn etc. Und dann kommt der Schweißer, schmilzt es schnell auf und lässt es noch schneller abkühlen. Da ist der schöne definierte Zustand dann futsch. Es gibt Kornwachstum, Seigerungen, Ausscheidungen, eben ein Gussgefüge. Hinzu kommt, dass die Schweißwärme ja nicht nur auf das Schweißgut wirkt, sondern auch auf einen Bereich im Blech nebenan. Das nennt man dann Wärmeeinflusszone und die ist unvermeidlich. Da kann es dann auch nochmal alles mögliche an Effekten geben. Eine Schweinaht ist daher fast immer schwächer als der Grundwerkstoff.

    Die Korrosionsbeständigkeit eines nichtrostenden Stahles hängt von seiner Passivschicht ab, also der gleichmässigen und ungestörten Bildung einer Chromoxidschicht auf der Oberfläche. Wird diese Schicht ungleichmässig, weil durch Diffusion in der Schweißwärme sich das Chrom etwas ungleichmässig verteilt, oder weil auf einmal gröbere Körner an der Oberfläche stehen, in denen das Molybdän schon geseigert ist, dann kann es mit der Beständigkeit schon mal eng werden. Deshalb greift man beim Schweißzusatz gerne mal etwas höher ins Regal und schweißt etws überlegiert.

  • Also am besten dann die Statue direkt aus einem Schmiedeblock, aus der Freiformschmiede fräsen?

    Ist dieser Zustand den optimal?

  • 5-7 cm Wandstärke bei einer 3m hohen Menschenskulpur klingt erstmal nach einer Menge Blech. Habt ihr mal ausgerechnet, was der Apparat dann wiegt? Auf weichem Untergrund oder in einer Stadt mit U-Bahn würde ich den nicht mehr aufstellen wollen.

    Bevor ihr euch Gedanken darüber macht, den aus einem Block zu fräsen, solltet ihr euch dann auch nach einem Lieferanten für den Block erkundigen. Ich bin da irgendwie grad etwas pessimistisch, ist aber nur ein Bauchgefühl

    Kippt der Bauer Milch in den Tank, wird der Trecker sterbenskrank.

  • 7 cm waren angedacht.

    Nicht mm.

    Wobei ich langsam den Eindruck gewinne, das aus dem vollen zu fräsen doch das Beste wäre.

    Aber ist so ein Freiform Schmiedeblock nicht auch voller Ausscheidungen im Inneren?

    Was ich auch nicht verstehe, ist das die Hersteller die Materialangaben bis zu einer gewissen Dicke, meistens 25 cm machen.

    Ist dies dann die maximale Dicke ohne Ausscheidungen, Carbide etc. und mit durch das Schmieden feinkörnigem Gefüge???

    Sprich wenn ich etwas in dieser Größenordnung fräse wäre alles gut?

    Auch ohne Wärmebehandlung danach???

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