Wärmeeinflußzone und Festigkeitsabnahme

  • Hallo Leute,
    es stellt sich immer wieder die Frage nach der Festigkeit einer Schweißverbindung. So ganz grob erfährt nach meinem Verständnis das Material in der Wärmeeinflußzone Gefügeveränderungen u.ä. und damit geht eine gewisse Festigkeitsabnahme einher - je schlechter schweißbar ein Material ist, um so mehr. Bei der Konstruktion wird man das berücksichtigen - nehme ich an.

    Nun gibt es ja das Thema Reparaturschweißung - speziell im KFZ-Bereich. Da stellt sich die Frage, wie an tragenden Teilen, z.B. Längsträgern Schweißarbeiten auszuführen sind. In den 80ern gabs da mal ein kleines Büchlein vom TÜV Rheinland (Hirschberger, Jansen, Schulte Korrosionsreparaturen am PKW), wo Beispiele für Rostreparaturen gezeigt sind. Letztendlich läuft es darauf hinaus, daß auf Stoß geschweißt bei tragenden Teilen nicht zulässig ist, nur an weniger belasteten Teilen darf man das machen. Bei einem kastenförmigen Längsträger wird z.B. entweder per Überlappung und Lochpunktschweißen ein Reparaturstück angesetzt oder es wird eine Verstärkungslasche darüber gesetzt oder bei Zugänglichkeit innen eingesetzt und diese dann in der Fläche per Lochpunktschweißen verbunden. Durch die Blechdopplung und die Lochpunktschweißung in der Fläche soll der Festigkeitsabfall kompensiert werden. Sowas ist eine funktionale Reparatur, aber natürlich nicht im Sinne einer optisch hochwertigen Fahrzeugrestauration. Doch darum gings ja seinerzeit nicht, sondern es sollte die Mühle über den TÜV geschweißt werden.

    Ich hatte neulich eine Diskussion mit einem Blechner, der nebenher halbprofessionell Oldtimer restauriert. Der hat mich nur komisch angeschaut, als ich ihn dazu gefragt habe. Der schweißt alles auf Stoß und verschleift die Nähte unsichtbar. Von dem Thema hat der noch nie was gehört. Es hat auch noch nie beim "TÜV" damit Probleme gehabt. Gut, so sauber wie der die Blecharbeiten ausführt (ernst gemeint), sieht auch kein Prüfer hinterher von den Reparaturstellen was. Ich spreche nicht etwa von Röstlöchern im Kotflügel (da ist das sicher so ok), sondern z.B. von Längsträgern oder sogar dem Bereich von Achsaufnahmen, wo der Rostlöcher so verschwinden läßt.

    Jetzt bin ich natürlich etwas verunsichert, wer recht hat. Schließlich ist der Mann kein Pfuscher. Wie ist das nun?

  • Ein ordentlich ausgeführter Stumpfstoß hält mehr als jede Angstlasche.
    Die Sache mit dem TÜV hat folgenden Hintergrung - ungeregelter Bereich >> jeder Jummi DUMMI kann drauf los braten und da ist den Jungs vom TÜV die im Grunde auch nicht mehr Ahnung haben die Angstlache dann doch lieber.
    ungeregelter Bereich in Bezug auf das Schweißen nicht auf das Fahrzeug als ganzes

    lg Jens

  • Gut, das mit den JummiDUMMI ist natürlich nachvollziehbar, da hinterher kaum die Qualität der Schweißnaht geprüft werden kann. Wie sagen die Amis so schön:
    "Grinder and paint makes me the welder I ain't."

    , ansonsten lassen die bei uns grundsätzlich nicht zu , Tragende teile, Rahmen usw zu schweißen das zu Recht


    Was meinst Du mit tragenden Teilen? An der selbstragenden PKW-Karosserie gibt es in der STVZO keine Beschränkung. Da darf jeder rumschweißen - fachgerecht muß es sein, aber einen formalen Nachweiß braucht man dafür nicht. Explizit verbieten tut die STVZO nur Reparaturen an Fahrwerksteilen, Lenkungsteilen, Federn, Felgen und Bremsen.

    An Leiterrohrahmen ala NFZ darf jeder Reparaturen an Herstellerschweißnähten vornehmen, sprich eine gerissen Schweißnaht darf jeder nachschweißen. Anders sieht es bei Rahmenrissen aus. Das wird wie ein Umbau bzw. eine Fahrzeugveränderung gewertet. Sowas dürfen nur zugelassene Betriebe reparieren. Dein Bild ist genau so ein Fall, der unter das Verbot fällt.

  • Ich glaube, der Hintergrund zu diesem "Verbot" liegt eher darin, dass man in vielen Fällen nicht mehr an die Nahtwurzel kommt, um diese blecheben zu beschleifen. Und weil die Nahtwurzel dann meist schön dick wird, gibt das eine elende Kerbwirkung, die speziell bei den dünnen Blechen schnell zu Rissen führen kann. Fahrzeuge vibrieren und "arbeiten" nunmal. In dieser Hinsicht ist ein Überlappstoß unkritischer, dieser ist allerdings schlechter gegen Korrosion zu schützen.

    Als zweiten Grund kann ich mir vorstellen, dass mittlerweile jede Menge hoch- und höchstfeste Stähle im Kfz verarbeitet werden, darunter ganz exotische Güten, bei denen die Wärmeführung eine fundamentale Rolle spielt. Als Beispiel seien TRIP-Stähle (TRansformation Induced Plasticity) und Multiphasenstähle genannt. Diese Werkstoffe kann man mit einer Schweißnaht ganz schnell an die Grenzen bringen, selbst wenn sie mit guter Handfertigkeit gemacht ist.

  • Des meint ich ja , in der Regel muss man wissen was für Material da vor dir ist ,was Hersteller selber schreibt ,(kenn das so das komplette Teile exakt nach gebaut werden ( b-säulen , achs-aufnahmen usw. ) , von Karosseriebauer

    Tipischer UR-BAYER seit 1974

  • So ganz grob erfährt nach meinem Verständnis das Material in der Wärmeeinflußzone Gefügeveränderungen u.ä. und damit geht eine gewisse Festigkeitsabnahme einher

    Das ist meines Wissens nach genau umgekehrt. Mit zunehmender Härte des Werkstoffest geht die Zugfestigkeit nach oben. Was Du allerdings hast ist eine versprödung und dementsprechend nimmt die duktilität ab.

    Unter dem folgenden Link ist eine Tabelle:
    https://www.schuetz-licht.de/seminare-wisse…-zugfestigkeit/

  • Zugfestigkeit meinte ich nicht. Ich beziehe mich auf folgende Aussage in dem Buch von F. Rieg, "Schweißen für Hobbyschlosser und Oldtimerfans".

    Zitat: Die Eigenschaften der WEZ sind eigentlich immer schlechter als die des Grundwerkstoffs.... Die WEZ ist für die Qualität der Schweißverbindung hinsichtlich Festigkeitsabfall, Verzug und Versprödung verantwortlich .... Unabhängig vom Werkstoff entsteht in der WEZ durch die hohen Schweißtemperaturen ein Grobkorn mit größerer Härte und geringerer Zähigkeit. Stähle können durch die Bildung von Martensit aufhärten und verspröden. Zusätzlich treten Risse durch Eigenspannungen häufiger auf.

    Festigkeit ist wohl hier unspezifisch auf "hält weniger aus als der Grundwerkstoff" gemeint. F. Rieg ist Inhaber des Lehrstuhls für Konstruktion an der Uni Bayreuth und weiß sicher, was er da schreibt.

    Im Prinzip kann man das leicht selber erfahren: wenn man eine Schweißkonstruktion gewaltsam zerlegt, z.B. verschweißte Rechteckrohre, reißt es i.d.R. in der WEZ ab. Verzug durch eine MAG-Naht im Karosserieblech läßt sich nur bedingt mit Hammer und Handambos richten, die bricht irgendwann, wenn man zu doll drauf rumkloppt.

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